Ungeheuer leicht und verspielt jongliert Walter Swennen mit kunst- und kulturhistorischen Motiven und kombiniert sie zu bald comicartigen Kompositionen, bald dem «bad painting» verpflichteten Formen. Nun wird sein Werk erstmals in der Schweiz in Kooperation mit den Museen Bonn und Den Haag retrospektiv gezeigt.
Die facettenreiche Werke von Walter Swennen (*1946, Brüssel) leben von unergründlichem, versponnenem Hintersinn. Freundliche Gespensterfiguren oder Totenschädel treten unerwartet auf, etwa mit Zigarre im Mund und Melone auf dem Kopf einer geöffnetn Konservendose entweichend oder in der Darstellung eines Spaziergängers im Zwiegespräch mit einem Phantom. Auf einem anderen Werk schwebt ein Geist mit einer Malerpalette ins Bild, auf der nebst den Mondrian-Farben Gelb, Rot und Blau auch Braun und Grün aufscheinen. Dieser Farbenkombination begegnen wir in Swennens konstruktiven Bildern fortan.
Während eines Philosophie- und später eines Psychologiestudiums macht der Künstler sich zunächst einen Namen als Poet im Umfeld der Beatnik-Generation. Er wurde Professor für Psychoanalyse und wandte sich in den Achtzigerjahren endgültig der Malerei zu. Von dieser Wandlung zeugt das Werk <Untitled> (Mots effacés), 1981; ist es doch eine Art von Abschiedsode an die Poesie. Über ein grisailleartiges, grossformatiges Bildgeviert ergiesst sich ein schwer lesbarer Text mit durchgestrichenen Worten. Gleichzeitig verweist das Bild auf die weiterhin bestimmende Rolle von Schrift, kombiniert mit einem gestischen Farbauftrag in Swennens Oeuvre. Es steht in der Tradition des «bad paintings» der Achtzigerjahre eines Francis Picabia, Philip Guston, Martin Kippenberger, Albert Oehlen u.a. Ihnen geht und ging es im Aufbegehren gegen die Festlegung auf einen einzigen persönlichen Stil. Eine bewusste Negation technischer Fertigkeiten und eine Huldigung des Kitsches sollten die Möglichkeiten des Mediums steigern. Swennen geht noch einen Schritt weiter und lehnt im Streben nach dem puren Malprozess alle empirisch gültigen Kompositions- und Konstruktionsregeln ab: «…Arriver à peindre n’importe quoi, voilà l’idéale». Auch wenn Swennen einfach nur malt, stellt der grösste Teil seiner Arbeit einen geistigen Prozess dar. Diesen bezeichnet der Künstler als «Töten von Gespenstern», worauf der Ausstellungstitel auch anspielt. Eine Kugelschreiberzeichnung von 2012 vermag dies anschaulich zu illustrieren: Sie zeigt, wie zwei Gespenster zwei kleine Bilder betrachten. Sie scheinen nachzusinnen, ob das Dargestellte real oder imaginär sei. Wenn phantomartige Kreaturen über den Realitätsgehalt von illusionistischen Bildern rätseln, welche mit Nägeln an einer Wand befestigt sind, die wiederum vom Künstler gezeichnet sind, ist das Bildgeschehen im Bereich der Metaphysik zu orten, und hat zudem die Fragestellungen der visuellen Repräsentation eines René Magritte mit spielerischer List ausgetrickst.
Kunst Museum Winterthur, bis 24. April 2022. www.kmw.ch