Wydler, Teres, Konzeptkünstlerin. Licht, Kunst am Bau,
Land Art, Installationen und Prozesse, *8.7.1945,
lebt in Zürich und Intragna. Stud.: F+F Schule für experimentelle
Gestaltung und Schule für angewandte Linguistik in Zürich (SAL),
autodidaktische Studien, Crossover in Mikrobiologie, Physik (Licht)
und Grenzwissenschaften. Seit rund vierzig Jahren thematisiert Teres Wydler mit
multimedialen Werken die Berührungspunkte von Kultur, Technik
und Natur. Sie fragt nach der Überwindung der anthropozentrischen Sichtweise
und differenziert zwischen autoritärer Natur und kontrollierter Natur (Technik).
Dabei untersucht sie die komplexe Beziehung zwischen der Vegetation, der
Technik und dem Licht, indem sie etwa Materialien aus der Natur mit
mechanischen, industriell hergestellten Gegenständen und
Materialien mit reflektierenden Oberflächen kombiniert. Beispielhaft
für ihre experimentelle Arbeitsweise stehen ab 1986 die Plantagenbilder
De Cultura. Es sind horizontale Wurzelbilder, die den Auflösungsprozess
des Organischen teilweise in die Präsentation einbeziehen. Damit geraten sie
in die Nähe der Prozesskunst und der ihr nahestehenden Arte Povera,
während sie gleichzeitig im Zusammenhang mit einer «Post-studio»-Praxis stehen,
deren immanenter Bestandteil Laborsituationen und ortsspezifische
Verfahrensweisen sind. Einen Gegenpol zu den naturhaften Kunst-
und Keimwerken sowie den synthetischen Werken aus Naturmaterialien
und industriell hergestellten Gegenständen sowie aus Settings mit Spiegeln
und Licht bilden Wydlers konzeptuell geprägten Bildkompositionen.
Diese zeigen symbolische, mathematische Formeln sowie Lettern und
eröffnen geistige Dimensionen. Mit den Formel-Bildern rekurriert die
Künstlerin auf die bekannten «Lectures on physics» des amerikanischen
Physikers Richard Feynman[1], der Quantenphysik und Ästhetik zu
versöhnen wusste. Neben der prozessorientierten Arbeitsweise spielen
Lichtphänomene in ihren facettenreichen Werken eine zentrale Rolle.
Diese reflektieren in komprimierter Form ihre bisherigen Arbeiten:
von den Paintings on Myth and Science, den Formeln und Osmosen,
den New Landscapes über die Plantagenbilder und Naturales
zu den Installationen mit Katzenaugen wie Flirt with Light, 2017, und den
grossräumigen und aufwändigen Video-Installationen sowie den Lichtexperimenten
mit Spiegeln wie in Mirrors. Die Synthese ihres Schaffens ist fast schon
exemplarisch an der fünfteiligen, multimedialen Installation N.I.C.E.©,
Nature in Corrosive Extasy von 2007 abzulesen. Die Erweiterung des Naturbegriffs
geht von einem transdisziplinären Fundament aus und beleuchtet kultur-
und wissenschaftsgeschichtliche Zusammenhänge. Zudem
nimmt es im Diskurs über naturwissenschaftliche Themen in einem
Kunstkontext, wie er besonders in den Neunzigerjahren von Kunstschaffenden
wie Olafur Eliasson und Christa Sommerer & Laurent Mignonneau
vorangetrieben wurde, eine wesentliche Position ein. Die Themen und Motive
der verschiedenen Werkzyklen von Teres Wydler finden sich rhizomartig
miteinander verknüpft, indem sie sie als Wiederholungen in neuen
Raumkombinationen auftreten und sich teils wechselwirkend
durchdringen und überblenden lassen, während die wissenschaftlichen
Prozesse mit ästhetischen Metaphern visualisiert werden. Gemäss den
Worten der Künstlerin versucht sie «geistig-emotionale Komponenten,
wissenschaftliche Errungenschaften, Intuition und Eigendynamik
multimedial zu orchestrieren» was sie in ihrer Bildserie Komplexe Variablen
von 2015 eindrücklich vor Augen führt. Gruppenausstellungen: LANGENTHAL:
Kunstmuseum, Loch statt Linse. Die Camera obscura in der aktuellen Schweizer Kunst,
für Neue Kunst, Lichtkunst aus Kunstlicht, 2005/06. BELLINZONA: Museo Civico
dei Cedri, Un’arte per tutti? Interventi artistici nell’architettura pubblica in
Ticino 1930-2000, 2010/11. ZÜRICH: Museum Bärengasse, Raumwelten, 2013.
LOCARNO: La Rada, Spazio per l’arte contemporanea, Futurum exactum, 2013.
RAPPERSWIL: Kunst/Zeug)Haus, Silber, 2015/16. NEW YORK: Hudson Gallery,
Something Possible Everywhere NYC, 1983-84, Pier 34, 2016. MENDRISIO: Museo
d’Arte, Metamorfosi. Uno sguardo alla scultura contemporanea, Controlled
Versus Uncontrolled Nature, 2017. ASCONA: Muso Comunale d’Arte Moderne,
Monte Verità, Giardini in Arte, Installazione olfattiva, 2017/18. AARAU:
Aargauer Kunsthaus, Surrealismus Schweiz, 2018/19.
Einzelausstellungen: LUGANO: Museo Cantonale d’Arte, Ala Est, N.I.C.E. © Nature in
Corrosive Ecstasy, 2007. VADUZ: Kunstraum Engländerbau, Full Cycle-Short Cut,
multimediale, 2018/19. / C. Schatz, Teres Wydler. Naturales, Ausst.-Kat. Galleria SPSAS,
Locarno 2000; P. Weibel, G. Jansen, Lichtkunst aus Kunstlicht. Licht als Medium der
Kunst im 20. und 21. Jahrhundert. Ausst.-Kat. Karlsruhe, Museum für Neue Kunst,
Hatje Cantz, Berlin 2006; C. Kolb-Wieczorek, Teres Wydler. Full Cycle-Short Cut, Ausst.-
Kat. Vaduz, Kunstraum Engländerbau, Bucher, Hohenems 2011; D. von Burg, C. Schatz,
Nürnberg, 2014; H. Lippuner, Biennale Kulturort Weiertal, Ausst.-Kat.
Winterthur 2015; J. Weinberg, A. Wischmeyer, Something Possible
Everywhere NYC, 1983-84, Pier 34, Ausst.-Kat. Hudson Gallery, Andreas
Sterzing New York 2016; S. Soldini, Metamorfosi. Uno sguardo alla
scultura contemporanea, Ausst.-Kat. Mendrisio, Museo d’Arte, 2017;
Tiziana Lotti Tramezzani, Teres Wydler. Mikro- wie Makrokosmos,
Ausst.-Kat. Porza-Lugano: Museo Villa-Pia, Accumulation &
Transmutation. Un concetto multimediale, 2018/19. – Online: SIKART
Lex. und Datenbank; Website: www.teres-wydler.ch
[1] Vgl. Richard P. Feynman, QED (Quantenelektrodynamik): Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie, Princeton University Press 1985, 16. Aufl. 2011, München.
in: Allgemeines Künstlerlexikon (AKL), Walter De Gruyter GmbH, Berlin 2022.