DR.PHIl.I
KUNST- UND ARCHITEKTURHISTORIKERIN
AUTORIN
Judy Ledgerwood Beyond Beauty

«Eigentlich interessiere ich mich für alles, was von der Gesellschaft als unwichtig erachtet wurde und wird», antwortet Judy Ledgerwood (*1959, Chicago) auf meine Frage nach ihrer Inspiration. Im Grunde ist sie als Malerin sehr an Ornament und Farbe interessiert. Die Farbe soll nicht einer Darstellung dienen, sondern ein Erlebnis vermitteln. Sie fragt danach, warum eine Gesellschaft gewisse Farben bevorzugt; beispielsweise Blau und Gold in Kirchen oder gewissen Königshäusern. Immer wieder überrascht sie mit gewagten Farbenkombinationen wie Lila, Rosa, Orange und Gelb. Die Künstlerin unterwandert auch mit der Betonung des materiellen Aspektes von Farben auf sinnliche Weise die männlich dominierte Tradition der konkret-abstrakten Malerei. Was könnte von diesem konkret-konstruktiven Credo entfernter sein als ihre neueren, vielfach barock wirkenden Keramikvasen. Eigentlich dient ihr die Keramik nur als Trägerfunktion. Es ist offensichtlich, dass sie die Vasen mit Frauen, respektive mit ihren Körpern assoziiert. Mit ihrer dekorativen Disposition repräsentieren die bunten Vasen Äusserlichkeiten, während das undekorative Vaseninnere das Innenleben von Frauen verkörpert. Die Vasen bringt Judy Ledgerwood in Zusammenhang mit Flüssigkeiten, welche auf weibliche Körper einwirken. Dasselbe gilt für Bilder, die aufgrund verzogener Umrisslinien und geometrischer Muster eher einem Wandbehang gleichen. Die Wirkung von Stoff oder Gewebe ist von Judy Ledgerwood intendiert, will sie sich doch auf typisch weibliches Handwerk beziehen. Mit den Drippings, die aus den unteren Bildrändern fliessen, betont sie die Materialität der Farbe und will sie nicht als expressive Geste, sondern als simple Fransen interpretiert wissen. Geometrische Formen wie Kreis, Rhomben und Quadrate dominieren in ihren Gemälden, die sie zu horizontalen und vertikalen Strukturen verdichtet. Da und dort formen sich vier Kreise zu popartigen Blumenmotiven, welche sich auf den Vierpass von C.G. Jung beziehen. Mitunter prangen sie auf farbig grundierten Rhomben und wirken in ihrer seriellen Anordnung ornamental, lassen in ihrer Rhythmik Musikalisches anklingen. Die Blume ist für die Künstlerin ein Reproduktionszeichen, welches sie mit dem Rhombus als Symbol für Leben, Fruchtbarkeit, Geist und Schöpfung intensiviert. Nichts weniger als die Ermächtigung von Frauen will Judy Ledgerwood mit der Repetition dieser Symbole und ihrer Kraft zelebrieren.

Galerie Häusler Contemporary, bis 25.5. www.haeusler-contemporary.com